Erstmalig gab es in diesem März das Angebot einer autarken Winter-Durchquerung der Hardangervidda mit Ski, Pulka und Zelt von Finse nach Rjukan. Nach etwas hin und her im Vorfeld waren wir eine Mini-Gruppe, was aber auch effiziente Abläufe und unkomplizierte gemeinsame Gestaltung ermöglichte.
himmlisches ausladen am Finse Bahnhof direkt auf Schnee
Der Tourzeitraum lag wieder um Mitte März und bot uns eine breite Palette von Wintereindrücken, von unerwarteten knapp -30°C in zwei Nächten bis um +10°C an zwei Tagen reichte das Spektrum von makelos blauem Himmel über Wind und leichten Schneefall bis zu eher unspecktakulär trüben Tagen mit schlechter Sicht.
der schlichte aber vielversprechende Finse Bahnhof, nördliches Tor zur Hardangervidda
Charakterstisch für die 10tägige Durchquerung von Finse nach Rjukan über rund 140 Kilometer und 1600 Höhenmeter waren vor allem Weite und wenig, woran das Auge sich halten kann. An einigen Tagen wurden diese Eindrücke durch tief hängende Wolken und diffuse Sichtverhältnisse intensiviert.
Nach recht kurzer Zeit waren wir wieder eingetaucht in die typischen Abläufe bei denen man so schön "aufgeräumt" ist und immer weiß, was zu tun ist: aufstehen, Frühstück, packen, laufen, Pausen, auf richtige Kleidung achten, Lagerplatz suchen, Aufbau, Abendessen, Körperpflege, Schlafsack - in einigen Nächten blieben uns durch effiziente Gestaltung der Abläufe 12h Ruhe im Sack - aber es war auch mehr Urlaub als Expedition... 5 bis 7 Laufstunden auf Ski mit Pulka pro Tag sind doch zehrend und wenn nasse oder leicht unpassende Skischuhe dazu kommen ist es gut, wenn die Laufzeit eher begrenzt ist.
an den Tagen mit besserer Sicht erlebten wir wieder einmal die typische gefühlte Langsamkeit des Winterwanderns - wenn man z.B. schon stundenlang das Ende eines Sees vor sich sehen kann, das noch 10 Kilometer entfernt liegt und man sich Schritt für Schritt auf das sich unendlich langsam formende Zwischenziel zubewegt - faszinierende Entschleunigung und Übung in Geduld, könnte man diese Erfahrung auch nennen.
viele Lemmingspuren, auch auf endlos weiten Schneeflächen bei fragwürdigem Ziel, es war ein Lemmingjahr
abendlicher Lageraufbau nach strahlend kaltem Sonnentag vor -29°C Nacht
entspanntes Packen am Morgen bei Sonne ohne Wind, trocknen von Schlafsäcken und Ausrüstung, man ist schnell auch wieder für kleine Dinge und Umstände dankbar...
fantastischer Ausblick in die Weite und Dankbarkeit, dass wir diese Gegend mit Sicht passieren können...
...weil "Sicht" auch nichts selbstverständliches ist wenn Wolken und Schnee miteinander verschmelzen
dieses Jahr kein richtiges White out, aber doch immer wieder diffuse Sichtverhältnisse
unseren halben Reservetag verbringen wir auf halbem Weg in der Lågaros Hütte
das erste Mal in all den Jahren - getäuscht und eingebrochen. Es war kein Eis, nur fester Triebschnee zwischen dem sicheren Seeeis und den Felsen am Ufer, auf denen wir Pause gemacht haben. Dieser hat zwar eine erstaunliche Tragkraft, aber nicht genug... Helmut und Stefan brechen bis zu den Knien ein, es hätte schlimmer kommen können...
Wasser aus den Schuhen leeren ist im winterlichen Norwegen doch etwas anders als nach dem Spielen am sommerlichen Bach, aber Arktisreisende mussten auch schon Schlimmeres ertragen...
an einem windigen Tag schützen Schneemauern unsere Zelte
eine von 3 großen Rentierherden mit jeweils zwischen 200 und 300 Tieren, die unseren Weg kreuzten. Völlig erstaunlich wie so viele so große Tiere in so karger Umgebung genügend Nahrung finden, beeindruckend ihre Bewegung in der Formation, erinnert an Fisch- und Vogelschwärme in immer neuer Formation.
die Küche mit Sitzbänken im Bergans Wigloo LT, das sich bewährt hat
Zelte am letzten Abend bei Nassschneefall um 0°C .....
...und am nächtsten Morgen bei rund -10°C und Triebschnee - schnelle Wetterwechsel lassen nie Langeweile aufkommen. Die ersten Bäumchen begrüßen uns auf dem langezogenen Weg zurück unter die Waldgrenze
Unsere Durchquerung endet an der Rjukan Fjellstue, Danke für die gute Zeit!
Bilder: Mischung von Stefan, Kim und Helmut
Helmut hat noch einen ausführlichen Tourbericht mit allen GPS- und Temperaturdaten erstellt, der hier verlinkt ist (Achtung: 5MB großes Dokument, brauchbare Datenverbindung empfohlen...)
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